Stress im Job
Einführung Teil 1.
Der Stressreport ist die mit Abstand größte Studie zum Thema Stress in Deutschland. Herausgegeben wird der Report von zwei Instituten, die den Bundesministerien für Bildung und Forschung bzw. für Arbeit und Soziales zugeordnet sind.
Der Stressreport 2012 wurde Anfang 2013 veröffentlicht und präsentiert auf über 200 Seiten die Befragungsergebnisse von rund 20.000 Erwerbstätigen. Die Befragung spiegelt die aktuelle Bevölkerungsstruktur wider, wobei 62 Prozent der Befragten in klein und mittelständischen Unternehmen beschäftigt waren und 32 Prozent in Führungspositionen.
Im ersten Teil meiner Serie Stressreport 2012 gehe ich auf die Entwicklungen der Arbeitswelt und ihre Auswirkungen auf die psychischen Anforderungen sowie den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung ein.
Die Entwicklung der Arbeitswelt
Die Anforderungen des Arbeitsalltags sind wesentlich geprägt durch die immer schneller werdenden Veränderungen der Arbeitswelt. Hier werden unter Bezugnahme auf internationale Studien der letzten Jahre eine Reihe von Gründen für eine Zunahme der psychischen Anforderungen aufgeführt:
a) Verschiebung von der Produktions- zur Dienstleistungsgesellschaft
b) Digitalisierung der Arbeitswelt und damit ständige und ortsunabhängige Erreichbarkeit
c) Reduzierte Vorgaben und damit erhöhte Eigenverantwortung des Einzelnen
d) Erhöhung der Anforderung und Geschwindigkeit sämtlicher Arbeitsprozesse
e) Reduzierung und Veränderung fester, verlässlicher Arbeitsverhältnisse
Insbesondere die Folgen aus der Entwicklung virtueller Arbeitsstrukturen, neue Arbeitszeitformen und häufige betriebliche Restrukturierungen sind zukünftig in der Erforschung der Stressthematik noch verstärkt zu berücksichtigen.
Studien der letzten fünf Jahre haben den Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen und psychischen Erkrankungen unstrittig herausgearbeitet.
Bis 2005/2006 wurde eine kontinuierliche Zunahme der psychischen Belastungsfaktoren am Arbeitsplatz festgestellt, welches sich in der neuesten Befragung auf hohem Niveau eingependelt hat: Über 40 Prozent der Befragten geben eine Zunahme des Arbeitsstresses in den letzten zwei Jahren an und knapp 20 Prozent fühlen sich am Arbeitsplatz körperlich und emotional erschöpft.
Dabei ist zu beachten, dass das Problembewusstsein zwar zum Großteil gegeben ist, allerdings Antworten auf die Frage, wie man vorbeugend oder begleitend die Folgen von Stress reduzieren kann, weitgehend unbekannt sind.
Es gilt festzuhalten, dass sich die Veränderungen der Arbeitswelt, welche vielfach international getrieben sind, sich nicht zurückdrehen lassen.
Entsprechend bleibt als Option, zu lernen,mit diesen Veränderungen besser umzugehen.
Wissenschaftliche Erklärungsmodelle zur Entstehung und Bewältigung von Stress
Grundsätzlich wird negativer Stress und seine Entstehung auf überhöhte Anforderungen bei gleichzeitig unzureichenden Ressourcen zurückgeführt.
Dabei müssen diese Anforderungen nicht notwendigerweise von außen kommen. Jeder Mensch ist naturgemäß bestrebt, einen guten Job zu machen und viele stellen weitaus höhere Anforderungen an sich selbst, als von außen an sie gestellt werden.
Ein allgemeingültiges und alle möglichen Elemente umfassendes, wissenschaftliches Modell zur Stressthematik gibt es nicht. Am weitesten verbreitet sind die folgenden wissenschaftlichen Modelle zur Erklärung von Stress:
– Rohmert und Rutenfranz (1975): Belastungs-Beanspruchungs-Modell
– Karasek (1979): Job-Demand-Control-Model
– Lazarus und Folkmann (1984): Transaktionales Stressmodell
– Siegrist (1996): Effort-Reward-Imbalance-Model
Ziel der Modelle ist es, unter Berücksichtigung unterschiedlicher Faktoren, den Zusammenhang zwischen Beanspruchungen einerseits und Belastungen andererseits darzustellen.
Das „Belastungs-Beanspruchungs-Modell“ ist insbesondere im deutschsprachigen Raum verbreitet und konzentriert sich auf das kurzfristige Ungleichgewicht zwischen Belastung und der Fähigkeit, mit der Belastung umzugehen.
Im „Job-Demand-Control-Model“, welches insbesondere im angelsächsichen Raum verbreitet ist, liegt der Fokus auf einer Kombination der Kontrollmöglichkeiten einerseits und den Anforderungen andererseits. Danach ergibt sich eine stressige Arbeitssituation insbesondere aus der Kombination von hohen Anforderungen bei gleichzeitig geringer Kontrollmöglichkeit.
Eine ähnliche Ausrichtung hat das „Transaktionale Stressmodell“. Dieses Modell stellt jedoch die individuelle Einschätzung der Herausforderung einerseits und der zur Verfügung stehenden Ressourcen andererseits in den Mittelpunkt. Hier wird unterschieden zwischen einer problem- und emotionsorientierten Herangehensweise. Erstere hat die Lösung des Problems im Fokus, Letztere die Reduzierung der Belastung und die Suche nach emotionaler Unterstützung.
Damit entspricht dieses Modell am weitesten den aktuellen Erkenntnissen aus der Hirnforschung und der positiven Psychologie.
Das „Effort-Reward-Imbalance-Model” dagegen fokussiert die Entstehung von Stress aus einem Ungleichgewicht von Leistung und der Belohnung dieser Leistung.
Alle Modelle eint, dass erhöhte Anforderungen bei unzureichenden Ressourcen zu Stress führen und die Leistungsfähigkeit reduziert. Dabei ist zu beachten, dass hier auch die subjektive Wahrnehmung des Einzelnen in Bezug auf die vorliegenden Anforderungen und den zur Verfügung stehenden Ressourcen eine entscheidende Rolle spielt.
Wichtig ist auch, anzuerkennen, dass Stress nicht notwendigerweise negativ ist und selbstverständlich zum Alltag dazu gehört.
Kurzfristig führen die körperlichen Reaktionen von Stressdazu, dass sich der Körper darauf einstellt, optimal mit einer Herausforderung umzugehen. Der Körper beginnt mit dem vermehrten Ausschütten von Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin, so dass Herzschlag, Blutdruck und Durchblutung steigen. Dadurch werden die Kraftreserven des Körpers mobilisiert und nach Beendigung der Situation geht der Körper in eine Erholungsphase.
Kritisch wird es, wenn die Körperreaktion auf Stress häufig oder dauerhaft auftritt und gleichzeitig die notwendigen Erholungsphasen unzureichend sind oder gänzlich wegfallen. Dies führt zu unterschiedlichsten Folgen, die auch die Februar-Ausgabe des Stern erläutert und hier nur beispielhaft aufgeführt werden: Abnehmende Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung, Schlafstörungen, muskuläre Verspannungen, Schwächung des Immunsystems, Magenschmerzen und Verdauungsprobleme bis hin zu Geschwüren, Panikattacken, Kreativitätsverlust, Depressionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und vielen anderen Symptomen, die umgangssprachlich häufig unter dem Begriff Burn-Out zusammengefasst werden.
Weitere Informationen, wie Sie sich selbst im häufig stressbelasteten Berufsleben optimal selbst managen können, finden Sie in der Rubrik Selbstmanagement.
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