Flow im Beruf
Neueste Erkenntnisse führender psychologischer Forschung zum Thema Flow im Beruf
Gastbeitrag von Jakob Stollberger (wiss. Mitarbeiter Aston Business School, UK / Mitglied European Flow Researcher Network)
Der Begriff Flow, ein Zustand des freudigen Aufgehens in einer glatt laufenden Tätigkeit, die man trotz hoher Beanspruchung noch gut unter Kontrolle hat, wurde hauptsächlich von US-Psychologieprofessor und Mitbegründer der Positiven Psychologie-Bewegung, Mihály Csikszentmihályi (Csikszentmihályi, 1975, 1997) geprägt. Er beschrieb dieses Phänomen erstmals, als er in den 70-er Jahren Interviews mit Personen führte, die einer Tätigkeit besonders engagiert nachgingen ohne dafür eine erkennbare Belohnung zu erhalten. Als Kennzeichen dieses Zustands erkannte er optimale Beanspruchung (Balance zwischen Anforderung und Kompetenz), ein klares, eindeutiges Feedback inherent in der Aufgabe, Handlungsabläufe werden „fließend“ wahrgenommen (daher der Name „Flow). Außerdem ist dieser Zustand charakterisiert durch totale Konzentration, einem veränderten Zeitgefühl (Zeit scheint zu verfliegen) und es kommt zur „Verschmelzung von Selbst und Tätigkeit“, d.h. man geht in einer Tätigkeit auf.
Entgegen der Tatsache, dass Flow-Zustände zunächst mit künstlerischen Tätigkeiten (z.B. Klavier spielen, Tanzen, Malerei) in Verbindung gebracht wurden, konzentriert sich die moderne Flow-Forschung heutzutage hauptsächlich auf Voraussetzungen und Folgen von Flow bei sog. „Wissensarbeit“ z.B. im Bürojob. So wurde beispielsweise schon gezeigt, dass Flow öfter bei der Arbeit möglich ist als in der Freizeit (Rheinberg, Manig, Kliegl, Engeser, & Vollmeyer, 2007). Dies macht Sinn, da eine Arbeitstätigkeit meist strukturierter und anspruchsvoller ist als Freizeittätigkeiten und daher Arbeitsaufgaben eher die nötige Herausforderung und eindeutiges Aufgabenfeedback (notwendig für Flow) gewährleisten. Des Weiteren wurde gezeigt, dass Flow-Zustände einen positiven Einfluss auf arbeitsrelevante Kriterien haben. Psychologische Forschung belegte unter Anderem, dass häufige Flow-Zustände Arbeitnehmer kreativer (Moneta, 2012), leistungsfähiger (Demerouti, 2006) und dabei sogar entspannter und gelassener (Demerouti, Bakker, Sonnentag, & Fullagar, 2012) macht im Vergleich mit Kollegen, die weniger oft „im Flow“ sind.
Weitere interessante Forschungsstränge zum Thema Flow beinhalten beispielsweise ob Menschen unterschiedlich zu Flow-Zuständen veranlagt sind i.S. einer Flow-Persönlichkeit. Arbeitnehmer mit einer Flow-Persönlichkeit würden demnach zufolge öfter Flow-Zustände erleben als Ihre Kollegen ohne diese Disposition.
Obwohl Csikszentmihályi bereits in 1993 die Möglichkeit einer Flow-Persönlichkeit beschrieb, die er eine „autotelische Persönlichkeit“ nannte, wurde erst vor Kurzem versucht diese empirisch zu erkunden. Baumann und Kollegen (Baumann & Scheffer, 2010, 2011; Baumann, 2012) belegten hierbei, dass Menschen die eher leistungsmotiviert sind öfter Flow-Zustände haben als ihre weniger leistungsmotivierten Kollegen. Dies macht erneut Sinn, da Flow bevorzugt in Leistungssituationen auftritt, wenn man die Balance zwischen Anforderungen und Aufgabenkompetenz streckt und dadurch dazulernt. Menschen, die „von Haus aus“ leistungsmotivierter sind würden demnach eher gezielt Leistungssituationen suchen und infolge dessen öfter Flow-Zustände haben.
Ein weiteres interessantes Forschungsgebiet liegt in der Psychophysiologie von Flow-Zuständen, i.S.v. wie wirkt sich der psychologische Flow-Zustand auf physische Körperfunktionen aus? Diese Sichtweise ist besonders hilfreich im Bezug auf Themen wie Stress und Burnout am Arbeitsplatz. Forschung zeigt hier beispielsweise, dass Menschen mit Flow-Zuständen weniger gestresst sind als Menschen ohne Flow (Demerouti et al., 2012). Allerdings muss man hier anmerken, dass Flow-Zustände und Stress-Zustände sich ähneln, da beide Zustände erhöhter, körperlicher Aktivierung sind. Der Unterschied ist, dass Flow-Zustände im Gegensatz zu Stress-Zuständen positive Emotionen und ggf. Glücksgefühle als Resultat haben. Nichtsdestotrotz müssen deswegen auch Menschen mit zahlreichen Flow-Zuständen Pausen und Erholung haben, damit aus Flow kein Stress wird (Peifer, 2012).
Schlussendlich ist Führung in Unternehmen ein Thema, welches nie an Wichtigkeit verliert. Psychologische Forschung geht deshalb der Frage nach ob bestimmte Führungsstile Flow-Zustände von Mitarbeitern fördern. In der einzigen Studie zu diesem Thema fanden Sosik und Kollegen (1999), dass transformationale Führung Flow-Zustände von Mitarbeitern begünstigen kann. Meine Forschung befasst sich unter Anderem ebenfalls mit der Rolle von Führung in der Förderung von Flow-Zuständen sowie Kreativität in Arbeitsgruppen. Schlussendlich gibt es ebenfalls erste Forschung zu negativen Konsequenzen von Flow, wo beispielsweise hervorgehoben wird, dass Flow aufgrund der bereits erwähnten positiven Konsequenzen zu einem Suchtpotenzial führen kann, sodass Personen Flow-Zustände immer wieder reproduzieren wollen (Schüler, 2012). Auch hier gilt eben wie überall, dass man Maß halten sollte.
Rückfragen zu Quellen und weitere Informationen von Jakob Stollberger:
stollbej@aston.ac.uk
https://twitter.com/MonsieurStolli
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